Bayreuth stellt sein Klimaschutzkonzept vor

22.4.2022

Eine erste Einschätzung des Klimaentscheids


Seit eineinhalb Jahren arbeitet das Klimaschutzmanagement der Stadt Bayreuth an einem Klimaschutzkonzept - ein Plan, der darlegt, wie Bayreuth bis 2040 klimaneutral werden kann. Jetzt ist es fertig und soll am kommenden Montag, den 25.04., im Umweltausschuss vorgestellt und schon zwei Tage später im Stadtrat beschlossen werden.

“Auf diesen Moment haben wir sehr lange gewartet,” sagt Paula Reihlen vom Klimaentscheid. Die Initiative hat das Konzept bereits vor zwei Wochen erhalten und intensiv durchgearbeitet. “Endlich bietet sich die Möglichkeit, konkret zu bewerten, wie Bayreuth seiner Verantwortung zur Einhaltung der Pariser Klimaschutzziele und vor allem des eigenen Grundsatzbeschlusses nachkommt,” so Reihlen.

Das Bayreuther Restbudget

Der Handlungsdruck ist enorm: Bisher sparte Bayreuth nur circa 2,3 % seiner Treibhausgasemissionen jährlich ein. Bleibt es bei dieser Quote, hätte Bayreuth sein Restbudget bereits 2024 aufgebraucht. Um das Restbudget an Treibhausgasen allein für die Stadtverwaltung einzuhalten, wie vom Stadtrat beschlossen, müsste die Stadtverwaltung noch im Jahr 2022 etwa 28% ihrer Vorjahresemissionen einsparen. Die Dringlichkeit, noch in diesem Jahr effektive Maßnahmen zu ergreifen, wird auch mit Blick auf Bayreuths Erwärmungstrend deutlich: im Vergleich zu einem globalen Erwärmungstrend von 2,6° C pro hundert Jahre ist Bayreuth einer Erhöhung von 4,3° C ausgesetzt.


Mangelnde Priorisierung

Das Bayreuther Klimaschutzkonzept ist ein großer Meilenstein hin zu Bayreuths Klimaneutralität. Das Konzept beinhaltet eine Vielzahl an effektiven und wertvollen Vorschlägen für Maßnahmen zur Emissionssenkung. Leider mangelt es an einem roten Faden, der klar aufzeigt, welche Maßnahmen bei geringstem Mitteleinsatz (personell wie finanziell) die meisten Emissionseinsparungen bewirken.

“Das Klimaschutzkonzept ist breit aufgestellt, was grundsätzlich gut ist. Allerdings ist kaum ersichtlich, welche Maßnahmen am kosteneffizientesten sind. Es mangelt einfach an Priorisierungen. Außerdem wirken manche Maßnahmen völlig willkürlich, wie beispielsweise ein Imagefilm für 20.000€. Andere Maßnahmen mit viel Potential wie die Unterstützung für private Sanierungen werden zu knapp behandelt”, so Paulina Albert vom Klimaentscheid.

Kommunale Liegenschaften

Insgesamt liegt der Fokus der Maßnahmen vor allem auf kommunalen Liegenschaften. Da diese aber zusammen nur 2% der Gesamtemissionen Bayreuths ausmachen, bleibt die große Frage im Raum, wie mit den restlichen 98% der Emissionen umgegangen wird. “Hier gibt es eigentlich vielversprechende Ansätze, die auch den Bürger:innen zu Gute kommen, wie z.B. die Verdopplung der Sanierungsrate bis 2030 und die Verdopplung der Photovoltaikleistung bis 2025”, sagt Raja Wipfler vom Klimaentscheid, “Diese Ansätze kommen im Klimaschutzkonzept leider deutlich zu kurz.”

// Städtische Beteiligungen

Außerdem gibt es Defizite im Bereich der städtischen Beteiligungen. Denn an Betrieben wie der Gewog, dem Klinikum oder den Stadtwerken ist die Stadt teilweise mehrheitlich beteiligt. Diese Beteiligungen dürften für einen großen Teil der Emissionen von Industrie und Großverbrauchern verantwortlich sein, welche 30% der Gesamtemissionen Bayreuths ausmachen. Um diese Emissionen zu reduzieren, sind konkrete Maßnahmen erforderlich. Aus Sicht des Klimaentscheids bleibt die Stadt hier hinter ihren Möglichkeiten. “Es werden zwar schon einige Schritte getan, jedoch ist uns das nicht konkret und umfassend genug. Es ist von hoher Wichtigkeit, dass der Grundsatzbeschluss zur Klimaneutralität bis 2040 eingehalten wird”, sagt David vom Klimaentscheid. Denn dort heiße es unter anderem, dass die Stadtverwaltung gemeinsam mit ihren Beteiligungen das von ihr direkt beeinflussbare CO2-Restbudget nicht überschreiten wolle.

Wenn die Stadträt:innen sich also ihren eigenen Beschluss in Erinnerung rufen, dann muss mitbedacht werden, wie kommunale Beteiligungen das Restbudget einhalten. Es ist notwendig, dass die Stadt politischen Willen zeigt und sich klar positioniert, damit die Beteiligungen den nötigen Rückenwind auf dem Weg hin zur Klimaneutralität erhalten.

Umsetzung und Controlling

Offen bleiben auch Fragen zur Kontrolle der Umsetzung von Maßnahmen. Denn beides, Umsetzung und Kontrolle der Maßnahmen, sollen vom Klimaschutzmanagement durchgeführt werden. Eine unabhängige Kontrollinstanz mit Vertreter:innen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft hätte zusätzliche Vertrauenswürdigkeit geschaffen. Die im Konzept festgeschriebene jährliche Berichterstattung des Klimaschutzmanagements zum Stand der Umsetzung wird jedoch vom Klimaentscheid sehr begrüßt.

Konklusion

Das Klimaschutzkonzept der Stadt Bayreuth bleibt zu oberflächlich. Trotzdem bringt das Konzept Klarheit in einigen Fragen: Es weist auf die Dramatik der Klimakrise hin und schlägt wichtige Maßnahmen zur Emissionsreduktion vor. Jetzt muss der Stadtrat durch eine schnelle und ambitionierte Umsetzung beweisen, dass auch er die Dramatik der Krise anerkennt. Bis jetzt ist dies dem Stadtrat noch nicht gelungen. Das vom Stadtrat beschlossene Zieljahr 2040 für die Klimaneutralität ist aus wissenschaftlicher Perspektive deutlich zu spät. Dies erkennt auch die Verwaltung an. Sie schreibt selbst, “dass aus wissenschaftlicher Perspektive eine frühere Klimaneutralität nötig wäre, um die Folgen des Klimawandels effektiv einzugrenzen [...]” (Klimaschutzkonzept, S.72).

Der Stadtrat muss jetzt also den Willen zeigen, ambitionierten Klimaschutz zu betreiben, und effektive Maßnahmen beschließen und umsetzen. Ein erster Schritt wäre aus Sicht des Klimaentscheids fraktions- und verwaltungsübergreifende Gespräche zu führen. Ziel solcher Gespräche muss sein, eine Priorisierung der Maßnahmen vorzunehmen, um personelle wie finanzielle Ressourcen effizient einzusetzen. Wo bislang Personal für die Umsetzung fehlt, darf dies nicht als Ausrede vorgeschoben werden, sondern dort muss der Stadtrat nach Lösungen suchen. Diese Priorisierung muss bis August diesen Jahres geschehen, sodass wichtigste Maßnahmen noch in den Haushalt 2023 eingehen.

Die nächsten Jahre sind die entscheidenden Jahre, um die Klimakrise aufzuhalten. Der Klimaentscheid wird die Umsetzung des Konzepts daher gespannt verfolgen.

Wir klagen!

Wir klagen gegen die Eintscheidung der Stadt Bayreuth, unser Bürgerbegehren als unzulässig zu erklären.

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